New Horizons – Lasst uns die nächste Legislatur für Rüschlikon gestalten!

Es ist Zeit für neue Ideen – also auch, um sich ein paar Gedanken zur nächsten Legislatur zu machen: Wir befinden uns in der komfortablen Lage, dass keine Krise herrscht, sowohl Gemeindefinanzen als auch die grössten Projekte im Lot sind, und wir uns deshalb die Zeit nehmen können, uns mit den übergeordneten Fragen zu befassen und die Strategie für die nächsten Jahre festzulegen. 

 

Was besagt die Analyse des Status Quo? Es wurde mit Sicherheit von uns allen – vor allem aber auch von der Verwaltung – über die vergangenen Jahre vieles an guter Arbeit geleistet. Der Erfolg lässt sich sehen, Rüschlikon steht heute gut da. Dennoch bin ich überzeugt davon, dass wir neue Visionen und Ziele brauchen, um effizient und im Sinne unseres Auftrags  weiterarbeiten zu können, weil in den nächsten Jahren grosse Herausforderungen auf uns warten. Diese Legitimation möchte ich gerne zu Anfang der neuen Legislatur abholen.

 

Ein Strategieprozess – idealerweise pragmatisch und unter Mitwirkung einiger "externer" Interessensvertreter –steht dabei für mich im Vordergrund. Nur, wenn wir unsere Kunden und Anspruchsgruppen kennen, können wir daraus unsere Legislaturziele und somit das konkrete Legislaturprogramm ableiten. Anfangs der letzten beiden Legislaturperioden fand zwar eine Auseinandersetzung mit den Zielen statt, diese haben wir danach aber meiner Meinung nach nur ungenügend vernetzt, kommuniziert und auf die Verwaltungsbereiche im Sinne von strategischen Zielvorgaben und Aufgaben herunter gebrochen. 

 

Persönlich bin ich überzeugt, dass wir ohne diesen Prozess Gefahr laufen, die strategische Führungsaufgabe, die wir als oberste Lenker der Gemeinde haben, zu vernachlässigen. Im Alltagsgewirr der Projekte und Tätigkeiten gehen diese wichtigen Aufgaben viel zu oft vergessen, das beobachte ich auch in meinen anderen Führungsrollen. Im öffentlichen Bereich empfinde ich diese Aufgabe sogar noch als viel zentraler: so viele übergeordnete gesetzliche Bestimmungen müssen monatlich oder sogar wöchentlich erfasst und umgesetzt werden, dass die Gefahr besteht, das gesamte behördliche und verwaltungstechnische Tun und Wirken diesem Takt unterzuordnen, und die wichtigen strategischen Ziele dabei aus den Augen zu verlieren. 

 

Welches sind nun aber die Themenfelder, für die wir meiner Meinung nach ein strategisches "Dach" benötigen, sowie die wichtigsten Meilensteine für die nächste Legislatur? 

 

Neue Gemeindeordnung

Ein wichtiges, weil vom Gesetzgeber vorgegebenes, Ziel ist die Revision der Gemeindeordnung nach dem neuen Gemeindegesetz. Die Gemeinden haben dazu Zeit bis Ende 2021. Diese dürften wir aber auch tatsächlich benötigen, da wir uns – ausser über das neue harmonisierte Rechnungslegungsmodell HRM2 – über die meisten anderen relevanten und strategisch wichtigen Punkte diesbezüglich noch nie wirklich unterhalten haben.  

 

E-Government 

Endlich ein Thema, das die Bevölkerung – nämlich unsere Kunden – in den Vordergrund stellt. Neben all den strukturellen Fragen gehen auch diese nämlich nur allzu oft vergessen (in der Bank kursierte bei uns immer das geflügelte Wort: "Eigentlich hätten wir alles im Griff, wenn nur diese Kunden nicht wären...").

 

Auch in diesem Bereich gibt es noch sehr viel zu tun und keinen Anlass, sich zurückzulehnen: Bis heute fehlt eine überdachende ITC- und E-Government-Strategie, Einzelprojekte und -Investitionen werden fallweise und abgekoppelt von grösseren strategischen Zielsetzungen beantragt und bewilligt, da jene komplett fehlen. Gerade hier kann das aber dereinst fatale Auswirkungen haben, denn niemand ist vor gravierenden und kostspieligen Fehlentscheiden sicher, wenn keine ausgereifte Strategie zur Verfügung steht, die von Fachleuten konzipiert wurde und sich auf die neusten Erkenntnisse in diesem Bereich stützt. Man bedenke, dass weder das Milizsystem noch die normale Ausbildung der Verwaltungsmitarbeitenden solche neusten Kenntnisse und Fertigkeiten umfasst und entsprechend berücksichtigt, weshalb hier eine externe Einflussnahme und Beratung absolut zentral ist. Wenn Rüschlikon wirklich weiterhin "Top of Switzerland" sein will, müssen wir unseren Bürgern bald weitreichendere Instrumente zur Verfügung stellen, also gilt es, schon rasch einen entscheidenden Schritt vorwärts zu tun. Mit diesen Ausführungen habe ich nun aber den noch viel weiter gefassten Bereich der digitalen Transformation – und welche strategischen Herausforderungen diese sonst noch für Gemeinden wie Rüschlikon bereithalten wird – erst gestreift, ich widme also einen nächsten Blog diesen Gedanken.

 

Planung / Projekte / Liegenschaften und Infrastruktur

Unser grösstes Vorhaben hier ist mit Sicherheit die Überbauung "Bahnhof Süd": Es wird nötig sein, die verschiedenen Anspruchsgruppen nochmals mit einzubeziehen und die wichtigsten Kritikpunkte und Anregungen in den Wettbewerb einfliessen zu lassen. Dabei denke ich, dass neben der architektonischen Qualität der Bauten selbst unser Augenmerk vor allem der Aussen- und Strassenraumgestaltung sowie den anzuwerbenden Dienstleistungsanbietern gelten sollte, schliesslich ist die Bahnhofstrasse ein wichtiger Knotenpunkt im Rüschliker Dorfleben. Nur, wenn es uns gelingt, die verschiedenen Ansprüche optimal miteinander zu vereinbaren, werden wir einen belebten Platz schaffen können. 

 

Mindestens ebenso wichtig erscheint mir aber die Wahl des Bauträgers, und vor allem die Frage nach der Höhe der Mieten. Auf welchem Preisniveau sollen sich diese bewegen? Auf welche Art können wir dies überhaupt beeinflussen? Wir haben den Rüschlikerinnen und Rüschlikern versprochen, keine Luxuswohnungen zu bauen. Wie stellen wir dies sicher? Eine spannende, aber anspruchsvolle Arbeit mit sicherlich vielen Diskussionen im Gemeinderat und hoffentlich mit der Bevölkerung. Auch hier müssen die strategischen Zielsetzungen von Anfang an klar festgehalten und kommuniziert sein, damit wir sie nicht aus den Augen verlieren.

 

Im Bereich der Infrastruktur stehen wir zurzeit gut da: Viele wichtigen Projekte wurden über die letzten Jahre verwirklicht, es gibt nur wenig Nachholbedarf, und unsere Investitionsplanung wurde sorgfältig erstellt. 

 

Der Kampf gegen den überirdischen Ausbau der Hochspannungsleitung in unserem wunderschönen Längimoos wird in eine nächste Runde gehen: Das Rechtsverfahren ist äusserst komplex und wir werden nach wie vor alles tun, um die überdimensionierten Masten verhindern zu können.

 

Schule /Betreuung

Die Rüschliker Schule steht heute gut da, wird professionell geführt, und muss den kantonalen Vergleich nicht scheuen, auch nicht, was die Möglichkeiten an ausserschulischer Betreuung, Krippen- und Hortplätzen angeht. Die Einführung der Stufenschulhäuser wurde schon umgesetzt und verringert den schulinternen Koodinationsaufwand. Der Fokus dürfte  in den nächsten Jahren vor allem auf der Schulraumplanung liegen, denn die Schule wird weiter wachsen und mehr Platz benötigen. Diese Massnahmen müssen frühzeitig strategisch geplant und koordiniert werden. Zusätzlich dazu dürfte uns nach wie vor die Integration der immer mehr fremdsprachigen Kinder weiter beschäftigen, und die Schulwegsicherung bleibt ein Thema, das wir laufend überprüfen sollten – der ständige Dialog mit den Elternvertretern ist diesbezüglich besonders wichtig. Auch im Schulbereich wird die digitale Transformation mit Sicherheit so einiges an Denkarbeit und strategischen Überlegungen verursachen.

 

Soziales Zusammenleben / Kultur / Gesellschaft 

Auch hier sind unsere strategischen Zielsetzungen essenziell. Im Bereich der Asylbewerbenden und der Sozialhilfe gibt es laufend Gesetzesänderungen zu berücksichtigen: Vieles wird vorgegeben, aber trotzdem besteht noch einiger Gestaltungsspielraum der Gemeinden: Wo steht Rüschlikon hier? Wie stark gewichten wir zum Beispiel unseren Integrationsauftrag? Wie viele finanzielle Mittel investieren wir in Sprach- und andere Integrationsmaßnahmen wie Arbeitsersatzprogramme? Ein gemeinsames Verständnis der Sozialbehörde und des Gemeinderates zu diesen Fragen wäre hilfreich.

Auch im Altersbereich müssen die Zielsetzungen neu evaluiert werden: Mit dem Bau des neuen Abegg Huus und den Alterswohnungen "Im Weingarten" sind zwar zwei wichtige Meilensteine erreicht. Nichtsdestotrotz gilt es aber auch hier, das Konzept den neuen Erfordernissen anzupassen und die Diensleistungen, die wir in diesem Bereich anbieten wollen, zu überdenken und allenfalls zu justieren. Auch die ambulante Pflegelandschaft verändert sich – nicht zuletzt auch hier aufgrund der Digitalisierung – kontinuierlich: die Spitex Kilchberg-Rüschlikon ist gut aufgestellt, um diese Herausforderungen auch in Zukunft zu meistern – dennoch ist es absolut zentral, dass sich der Gemeinderat als oberstes Führungsorgan auch in diesem Bereich ein paar strategische Gedanken über Ziele und Massnahmen macht.

 

Im Bereich der Kulturförderung und der Unterstützung von Vereinen und Non-Profit-Organisationen wären verbindliche, verschriftlichte  Standards und eine einheitliche "Sprachregelung" hilfreich. Wer wird wann, weshalb und mit welchen Mitteln unterstützt?

 

Struktur / Führung / Planung: Wie bereits erwähnt, bin ich der Meinung, dass wir in einigen Bereichen deutlich mehr strukturelle und strategische Führung benötigen. Die einzelnen Ressorts mit ihren jeweiligen Ressortvorgesetzten funktionieren zwar gut – trotzdem fehlt mir der "rote Faden", der sich durch alle unsere Projekte zieht, sicherstellt, dass die Knotenpunkte zwischen den einzelnen Bereichen optimal vernetzt sind, und alle wichtigen Stellen involviert und informiert sind und auf dasselbe Ziel hin arbeiten. Einen entsprechenden "Master-Projektplan", der auf einer zeitlichen Ebene alle für die jeweilige Legislatur wichtigen Zielsetzungen, Projekte und Geschäfte sowie deren Schnittstellen aufzeigt und die jeweiligen Abhängigkeiten und Verantwortlichkeiten verbindlich regelt, vermisse ich bis heute. In einer Zeit, in der die meisten von uns privat wohl mit solchen elektronischen Planungstools arbeiten, müsste dies auf Gemeindeebene eigentlich selbstverständlich sein (das Wort "Digitalisierung" wage ich in diesem Zusammenhang kaum nochmals zu wiederholen...).

Zum selben Themenkreis gehört für mich die Einführung von gemeinsamen, ressortübergreifenden Standards, zum Beispiel im Bereich Supply Management oder Ausschreibungspraxis. Immer wieder unterhalten wir uns in den Sitzungen darüber, in welcher Form wir diese regeln sollen, immer wieder kommen dabei auch dieselben Fragen auf – dabei sind die Projekte, die der öffentlichen Submissionspraxis unterliegen, mithin die einfachsten, weil es darüber nur wenig zu diskutieren gibt. Wie aber handhaben wir die anderen? Wie wichtig ist uns zum Beispiel die Berücksichtigung des lokalen Gewerbes bei der Auftragsvergabe? Ich bin mir sicher, dass diese Fragen in den einzelnen Ressorts jeweils diskutiert und evaluiert werden – eine gemeinsame, ressortübergreifende Handhabe oder verbindliche Standards haben wir aber nicht.

 

Genauso wichtig wie die entsprechenden Planungstools erscheint mir aber, wie bereits eingangs erwähnt, das Herunterbrechen der strategischen, von der Exekutive formulierten Ziele auf die operative Ebene. Dazu könnte sich zum Beispiel das Instrument der "Balanced Scorecard" (BSC), das in vielen Gemeinden schon seit vielen Jahren wirkungsvoll eingesetzt wird, eignen. "Dieses Instrument ermöglicht eine ausgewogene unternehmerische Gesamtschau und verhindert eine einseitige Ausrichtung z.B. nur auf finanzielle Ziele" (Rolf Butz, Bruno Ern: Erfolgreich in der Gemeinde). Meine eigenen, meist positiven Erfahrungen mit der BSC aus der Privatwirtschaft würde ich diesbezüglich gerne einbringen.

 

Kommunikation

Auch dies ein Thema, das eines eigenen Beitrags bedarf, und das eng mit den strategischen Herausforderungen der Digitalisierung verknüpft ist – wir stehen auch hier erst ganz am Anfang, eine strategische Auseinandersetzung mit diesem Thema ist für mich deshalb absolut unentbehrlich, aber mehr dazu in einem meiner nächsten Blogs...

  

Mittlerweile ist dieser Blog auch so schon bereits viel zu lang, und viele wichtigen Themen wie zum Beispiel Sicherheit, Gesundheitsförderung oder Jugend habe ich noch nicht einmal gestreift. Man sieht also, die Arbeit wird uns in den nächsten Jahren nicht ausgehen. Zentral für die nächste Legislaturperiode wird sein, dass es uns gelingt, vor lauter Bäumen den Wald noch zu sehen und die übergeordneten Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Dazu müssen diese aber erst einmal formuliert, festgehalten und kommuniziert werden, und es wird nötig sein, im Team neue Ideen und Visionen zu entwickeln und uns als Teil eines übergeordneten Ganzen zu verstehen. Ich hoffe, dass uns das gelingt!

 

Haben Sie Ideen und Anregungen für unsere nächste Legislaturperiode? Ich würde mich darüber freuen! Bitte füllen Sie dazu das untenstehende Formular aus oder schreiben Sie mir direkt an info@nadjafossati.ch

 

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